Indienststellung der RCH 155 in der Ukraine verzögert sich erneut

Wie eine Veröffentlichung auf der Website der Bundeswehr zeigt, scheint sich der Einsatz der RCH 155 in der Ukraine nun schon zum zweiten Mal erheblich zu verzögern. Die Gründe für die Verzögerungen sind nicht öffentlich bekannt.

5 Minuten Lesezeit
RCH 155 by KNDS Deutschland
Das selbstfahrende Artilleriesystem RCH 155 bei einer Präsentation von KNDS DeutschlandBild: KNDS Deutschland

Das Special Training Command EUMAM UA hat heute auf der Website der Bundeswehr bekannt gegeben, dass die ersten ukrainischen Soldaten ihre Ausbildung am GTK Boxer in Deutschland begonnen haben.

Tatsächlich teilte man aber bereits am 7. Mai, also vor etwas mehr als drei Wochen, Videomaterial auf dem eigenen X-Account (ehemals bekannt als Twitter), das die Ausbildung ukrainischer Soldaten am GTK Boxer zeigen soll.

Auf der Basis dieser Plattform finanziert die Bundesregierung für die Ukraine nach aktuellem Stand 54 hochmoderne selbstfahrende Artilleriesysteme vom Typ RCH 155 und 9 BOXER RCT30 mit mobiler Feuerleitstelle, welche die Lieferung der Artilleriesysteme vervollständigen sollen. Alleine die Artilleriesysteme kosten die Bundesregierung 890 Millionen Euro.

Die Vertragsschließung über die ersten 18 RCH 155 erfolgte bereits gegen Ende 2022. Weitere Aufträge folgten 2024. Die ukrainische Armee muss also bereits seit mehr als 2.5 Jahren auf die Indienststellung der ersten RCH 155 warten – dem modernsten Artilleriesystem der Welt.

Tatsächlich scheint man die Indienstellung jetzt sogar noch weiter nach hinten schieben zu müssen. Nach Angaben des Special Training Command befinden sich die Soldaten aktuell noch in der ersten Ausbildungsphase.

In dieser lernt man das Fahrzeughandling und das technische Verständnis. Unter anderem Slalomfahrten durch unwegsames Gelände, Rückwärtsmanöver mit eingeschränkter Sicht und Fahrten mit extremen Steigungen werden täglich geübt.

Erst zu einem späteren Zeitpunkt sollen die ukrainischen Soldaten dann am Artilleriesystem selbst geschult werden. Es ist eine Ausbildung, welche sicherlich nochmals mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird. Zum Vergleich: Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an der PzH 2000 nimmt etwa sieben Wochen in Anspruch.

GTK Boxer Fahrtraining
Ein ukrainischer Soldat in einem GTK Boxer Fahrschulpanzer | Bild: Bundeswehr

Unabhängig davon, ob die Ausbildung tatsächlich schon drei Wochen lang läuft oder wirklich erst vor Kurzem begonnen hat, bedeutet das aber vor allem eines. Eine Lieferung an die Ukraine hat bislang nicht stattgefunden und ist möglicherweise noch mehrere Monate entfernt.

Damit verzögert sich die Indienststellung der RCH 155 in der Ukraine bereits zum zweiten Mal. Noch im November 2023 gab Axel Scheibel als Geschäftsführer bei KNDS Deutschland, zuständig für den Bereich Entwicklung, in einem Interview mit SPIEGEL bekannt, dass man die ersten Artilleriesysteme Ende 2024 ausliefern werde.

Im November 2024 gab KNDS Deutschland CEO Ralf Ketzel dann in einem Interview mit hartpunkt bekannt, dass die ersten Systeme im April 2025 an die Ukraine ausgeliefert werden sollen.

Da die erste RCH 155 bereits vor mehr als vier Monaten, am 13. Januar, in Kassel feierlich an den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, übergeben wurde, nahm ich bislang an, dass dieses Lieferziel auch erfüllt wurde.

Dem scheint wohl nicht der Fall zu sein. In der Ukraine ist man dringend auf hochmoderne und effektive Ausrüstung angewiesen, um die russischen Truppen nicht nur in Schach zu halten, sondern auch zurückzudrängen.

Die RCH 155 zeichnet sich durch ihre außergewöhnlich hohe Automatisierung und Mobilität aus, kann beispielsweise als einziges Artilleriesystem der Welt aus der Bewegung heraus die eigenen 155mm Geschosse mit tödlicher Präzision ins Ziel bringen.

Wenn die ukrainischen Soldaten das Artilleriesystem dementsprechend an der Front einsetzen, wird die RCH 155 für die russischen Truppen viel schwieriger zu bekämpfen sein als die meisten anderen Artilleriesysteme.

Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums soll die Ukraine noch in diesem Jahr die ersten sechs RCH 155 erhalten, während sich die Lieferungen der restlichen 48 Systeme mindestens bis einschließlich 2027 strecken werden.

Nach Abschluss der aktuell öffentlich bekannten Lieferungen wird Deutschland drei ukrainische Artilleriebataillone ausschließlich mit RCH 155 ausgestattet haben.

In Anbetracht der aktuellen militärischen Lage an der Front kann man nur hoffen, dass die Probleme, welche für die Verzögerungen verantwortlich sind, nicht nur lokalisiert, sondern auch behoben werden.

Selbst wenn sich die Lieferungen verzögern, ist es eventuell möglich, die verlorene Zeit aufzuholen und das Projekt nicht nur pünktlich, sondern sogar früher als geplant abzuschließen.


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