Gezielte Massaker in den Vororten von Kyjiw, die Bombardierung eines mit Zivilisten gefluteten Bahnhofs in Kramatorsk, diverse Raketenangriffe auf zivile Krankenhäuser unter anderem in Kyjiw und Mariupol, die „Human safari“ in Cherson und die massenhafte Entführung ukrainischer Kinder aus den temporär besetzten Gebieten.
Die Liste russischer Kriegsverbrechen ist lang und wächst täglich. Umso wichtiger ist es nicht nur, dass die Unterstützer der Ukraine ihr auch nach mehr als drei Jahren weiterhin finanzielle, humanitäre, aber besonders militärische Hilfe zukommen lassen, sondern auch, dass die ukrainische Zivilbevölkerung spürt, dass sie nicht alleine ist.
Leider tritt vorwiegend außerhalb der Ukraine ein bestimmtes Phänomen zunehmend in den Vordergrund. Bei vielen Menschen setzt bedauerlicherweise eine Form der Kriegsmüdigkeit ein.
Zu lange führt Russland bereits Krieg gegen die Ukraine, zu oft hört man von schwersten russischen Angriffen auf friedliche Zivilisten und zu wenig Fortschritte werden an der Front erzielt. Die Gründe für das Auftreten der Kriegsmüdigkeit werden sicherlich von Fall zu Fall variieren, aber am Endergebnis ändert es nichts.
Menschen begegnen dem russischen Terror immer mehr mit Gleichgültigkeit. Um dem in Deutschland entgegenzuwirken und der deutschen Bevölkerung immer wieder in Erinnerung zu rufen, wer für all das Leid verantwortlich ist, hat der in Rosenheim ansässige Verein „Fellas for Europe e.V.“ vor zwei Jahren ein sehr interessantes Projekt ins Leben gerufen, welches ich insbesondere meinen internationalen Lesern mit diesem Artikel näher bringen möchte.
Die Barwinka aus Derhatschi
Als russische Truppen in den ersten Wochen der vollständigen Invasion auf dem Vormarsch waren und die ukrainische Großstadt Charkiw immer mehr einkreisten, bleib auch Derhatschi, eine kleine Stadt etwa 16 Kilometer nordwestlich von Charkiw, nicht von russischen Angriffen verschont.
Um verletzte Zivilisten aus der Region zu evakuieren, musste sich das örtliche Krankenhaus auf die Barwinka verlassen, den einzigen Bus mit Allradantrieb, ohne den die durch den russischen Beschuss beschädigten Straßen praktisch unpassierbar waren.
Am 12. März 2022, gerade einmal etwas mehr als zwei Wochen nach dem Beginn der vollumfänglichen Invasion durch Russland, beschossen russische Truppen die Krankenstation in Derhatschi mit Streumunition, während die Barwinka gerade auf dem Weg zu einer Evakuierung war.
Glücklicherweise überlebte der Fahrer den Angriff, zog sich allerdings diverse schwere Verletzungen zu. Der Bus hingegen wurde unwiederbringlich zerstört.
Dank einer ukrainischen Politikerin fängt die Geschichte der Barwinka allerdings erst hier so richtig an.
Olena Fedorova stellte es zunächst mit Erlaubnis des Krankenhauses in Derhatschi in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw als Mahnmal für die russischen Kriegsverbrechen aus. Von dort aus ging es später für kurze Zeit in die Hauptstadt Litauens.
Im zweiten Kriegsjahr brachte Fellas for Europe in Zusammenarbeit mit der litauischen Botschaft in Deutschland, welche die Transportkosten übernahm, das Mahnmal im Rahmen einer langfristigen, aber vorübergehenden Leihgabe nach Deutschland.
Von Augsburg nach Bayreuth, weiter nach Bergisch Gladbach und Berlin, mit anschließendem Zwischenstopp in Dresden und Fulda. Von dort aus weiter nach Göttingen, Greifswald und Gütersloh, bis nach Hamburg und Hannover. Natürlich ging es auch nach Kiel, Leipzig, München, Paderborn, Weimar und vielen anderen Städten überall in Deutschland.
Seitdem der Verein Fellas for Europe e.V. im Jahr 2023 die Verantwortung für die Barwinka übernahm, stellte man das Mahnmal auf eigene Kosten in über 140 verschiedenen Städten aus!
Zu den Besuchern gehören nicht nur „einfache Bürger“ und Unterstützer der Ukraine, sondern auch hochrangige Politiker. Erst kürzlich interessierte sich etwa der Chef des Bundeskanzleramtes, Thorsten Frei, für die Barwinka und hatte daher den Krankenwagen bei einer Ausstellung in Berlin besucht.
Zuletzt konnte man den von Russland zerstörten Krankenwagen eine ganze Woche lang bereits zum neunten Mal vor der russischen Botschaft in Berlin finden, während er im Anschluss die etwa 9 Kilometer Strecke zurücklegte und bis zum 28. Juni beim SPD-Parteitag zugeben war. Inzwischen befindet sich die Barwinka auf dem Weg zum nächsten Ausstellungsort in Hamburg.
Möglich ist das alles dank unzähliger ehrenamtlicher Helfer, welche die Ausstellungen begleiten und sich um das Drumherum kümmern und natürlich dank der großzügigen Spenden an den Verein.
Schließlich müssen sowohl der Transporter als auch der Anhänger regelmäßig instand gesetzt und repariert werden, während auch der Sprit bezahlt werden muss. Glücklicherweise plant Fellas for Europe immer so, dass man möglichst kleinere Strecken zurücklegt, um den Spritverbrauch so niedrig wie möglich zu halten und Geld zu sparen.
Vor Ort stehen dann meistens drei bis vier Freiwillige bereit, welche interessierten Besuchern ihre Fragen beantworten, Spenden für den Verein sammeln und über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufklären. Bei einer Ausstellung in Leipzig waren sogar bis zu 10 Freiwillige vor Ort.
Spenden sammeln die Freiwilligen aber nicht nur für die Weiterfinanzierung des Projekts, sondern auch für die Beschaffung von medizinischer Ausrüstung und Krankenwagen, welche man in die Ukraine liefert, wo das Material dringend benötigt wird.
So konnte man zusätzlich zu diverser medizinischer Ausrüstung wie Stethoskope, Blutdruckmessgeräte, Blutzuckermessgeräte und mehr bereits einige Krankenwagen und andere Fahrzeuge für den Krankentransport erwerben und an verschiedene Städte in der Ukraine liefern – unter anderem auch an Derhatschi.
Damit schließt sich der Kreislauf. Obwohl die Barwinka bereits in den ersten Wochen der vollständigen russischen Invasion zerstört wurde, hilft der Krankenwagen mehr als drei Jahre später immer noch, viele Leben in der Ukraine zu retten.
Would you like to support the project?
Wer die Ausstellung der Barwinka als Mahnmal unterstützen und zeitgleich medizinische Ausrüstung und Krankenwagen für die Ukraine finanzieren möchte, kann dies mit einer Spende an Fellas for Europe per Banküberweisung oder Paypal erledigen.
Bankinformationen
Kontoinhaber: Fellas for Europe e.V.
IBAN: DE89 8306 5408 0005 3206 40
BIC: GENODEF1SLR
Verwendungszweck: „Barwinka“
Bank: Skatbank
PayPal
paypal@fellas4eu.org
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Changelog
- 29. Juni 2025 — Kleine Korrekturen bezüglich der Tatsache, wer für die Überführung der Barwinka nach Deutschland mitverantwortlich war, und Klarstellung, dass die Barwinka immer noch im Besitz des Krankenhauses in Derhatschi ist