Vor genau einer Woche sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius beim ersten von Deutschland und Großbritannien gemeinsam geführten Treffen der UDCG ein neues umfangreiches militärisches Hilfspaket zur Unterstützung der Ukraine zu.
Im Paket enthalten sind laut der am vergangenen Freitag vom Verteidigungsministerium öffentlich gemachten Pressemeldung 4 IRIS-T Feuereinheiten inklusive 300 Lenkflugkörper, 300 Aufklärungsdrohnen, 120 MANPADS, 25 Schützenpanzer Marder, 15 Kampfpanzer Leopard 1A5, 14 Artilleriesysteme, 100 Bodenüberwachungsradare, 30 MIM-104 Patriot Lenkflugkörper und rund 100.000 Schuss Artilleriemunition.
Eigentlich ein enorm wichtiges Paket zur Unterstützung der ukrainischen Armee, vor allem weil die aufgelisteten Waffensysteme und Munition laut Verteidigungsministerium allesamt noch in diesem Jahr geliefert werden sollen.
Doch nun ändert sich einiges! Am gestrigen Abend fühlte man sich offenbar dazu gezwungen, die Onlinekommunikation zu dem Paket in großen Teilen abzuändern. Nach der Bearbeitung steht fest: Ein signifikanter Teil der im Paket neu angekündigten Waffensysteme und Munition war längst öffentlich zugesagt oder wird nicht wie ursprünglich zugesichert geliefert.
In meinen Augen ein echtes Kommunikationsdesaster!
Schaut man sich die neue Fassung genauer an, wird ersichtlich, dass aus dem in Brüssel bekannt gemachten Paket tatsächlich nur eine von ursprünglich vier IRIS-T Feuereinheiten zusätzlich in diesem Jahr an die ukrainische Armee ausgeliefert werden kann.
Die anderen drei in dem Paket enthaltenden Feuereinheiten werden wohl erst ab 2026 ihren Weg in die Ukraine finden.

Zusätzlich dazu versucht das Verteidigungsministerium in der korrigierten Fassung klarzustellen, dass es sich bei den anderen drei für dieses Jahr versprochenen Feuereinheiten um Feuereinheiten handelt, welche das Ministerium vor drei Wochen beim Besuch des ukrainischen Verteidigungsministers Rustem Umjerow angekündigt hatte.
Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar ist die Aussage grundlegend korrekt, allerdings wurden diese bereits im August 2024 auf der Regierungspressekonferenz für 2025 angekündigt, während deren tatsächliche Vertragsschließung sogar deutlich weiter zurückliegt.
Dementsprechend ist anzunehmen, dass auch ein großer Teil der neu angekündigten 300 IRIS-T und IRIS-T SL Lenkflugkörper erst ab 2026 ausgeliefert werden kann.
Ebenso scheinen die im Paket enthaltenden 25 Schützenpanzer Marder und 15 Kampfpanzer Leopard 1 A5 irrtümlich als neue Unterstützung verkauft worden zu sein.
So wurden beispielsweise 20 der 25 Schützenpanzer bereits im Dezember 2024 öffentlich durch Rheinmetall angekündigt und im selben Monat zur offiziellen Liste der militärischen Unterstützung der Ukraine durch die Bundesregierung hinzugefügt.
Weitere fünf Stück wurden Mitte Januar hinzugefügt, sodass die am vergangenen Freitag angekündigten 25 Schützenpanzer in Gänze bereits seit etwa drei Monaten der Öffentlichkeit bekannt sind.
Bestätigt wird dieser Umstand auch dadurch, dass gestern alle im Paket enthaltenden Waffensysteme und Munition in die Liste der militärischen Unterstützung der Ukraine aufgenommen wurden – mit Ausnahme der Schützenpanzer, Kampfpanzer und Artilleriesysteme.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass es trotz offizieller Ankündigung zusätzlich zu den bereits zugesagten Waffensystemen in diesem Jahr nun doch keine Kampfpanzer, keine Schützenpanzer und nur eine einzige IRIS-T SLM Feuereinheit gibt, in der zwei zusätzliche IRIS-T SLS Startgeräte integriert sind.
Streng genommen waren auch die zusätzlichen etwa 100.000 Schuss Artilleriemunition bereits bekannt, da das Verteidigungsministerium bereits am 3. April nach dem informellen Treffen der EU-Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister in Warschau bekanntgab, dass man in diesem Jahr etwa 500.000 Schuss Artilleriemunition an die Ukraine liefern wird. Noch im Februar hieß es bei „Nachgefragt“, dass man 370.000 Schuss Artilleriemunition gesichert liefern werde.
Immerhin: Gleichwohl ist im neuesten militärischen Hilfspaket einiges an essenzieller Unterstützung mit Lieferdatum 2025 enthalten.
So wurde gestern beispielsweise bekannt, dass es sich bei den 300 angekündigten Aufklärungsdrohnen um insgesamt 316 vom deutschen Rüstungsunternehmen Quantum Systems hergestellte Vector-Drohnen handelt. Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte bereits vor einem Jahr darum gebeten, zusätzliche Systeme für 2025 zu finanzieren und zu liefern. Diesem Wunsch wurde nun entsprochen.
Zudem werden die 30 Patriot-Lenkflugkörper aus Bundeswehrbeständen für dringend notwendige Entlastung sorgen – wenn auch nur für kurze Zeit.
Auch wurden die 1.100 Bodenüberwachungsradare, welche man zunächst nur in Aussicht stellen wollte, bereits der offiziellen Liste der Bundesregierung hinzugefügt, was darauf schließen lässt, dass es inzwischen eine Finanzierungszusage gibt.
Was zu einem solch schwerwiegenden Kommunikationsfauxpas geführt hat, der nicht nur die Onlinekommunikation, sondern auch das Pressestatement von Pistorius vor Ort betraf, wurde nicht bekannt gegeben. Man kann nur hoffen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen.
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