Stillstand der US-Regierung verhinderte frühere Patriot-Lieferung an die Ukraine

Wie kürzlich bekannt gegeben wurde, hatte der jüngste Stillstand der US-Regierung auch direkte Auswirkungen auf die Ukraine, da er die Lieferung von zwei MIM-104 Patriot-Feuereinheiten verzögerte, die Deutschland am 1. August zugesagt hatte.

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Patriot launcher during training of Ukrainian soldiers in Germany
Ein MIM-104 Patriot-Startgerät während der Ausbildung ukrainischer Soldaten in DeutschlandBild: Special Training Command

Vom 1. Oktober 2025 bis zum 13. November 2025 fand der längste Regierungsstillstand in der Geschichte der Vereinigten Staaten statt. 43 Tage lang bestimmte er einen Großteil der US-Politik und zwang unzählige Regierungsangestellte in den unbezahlten Urlaub, was große Ausfälle in diversen Bereichen des Landes zur Folge hatte.

Er hatte aber auch internationale Auswirkungen, insbesondere im Bereich der Sicherheitspolitik. So berichtete Axios bereits am 9. November, also als der Regierungsstillstand noch in vollem Gange war, dass US-Waffenexporte im Wert von 5 Milliarden US-Dollar verzögert wurden.

Lieferungen von Munition und Waffensystemen an Dänemark, Kroatien und Polen wurden namentlich erwähnt, während es zu dem Zeitpunkt unklar war, ob die Verzögerungen auch Lieferungen an die Ukraine umfassten.

Inzwischen steht fest: Auch Waffenlieferungen an die Ukraine waren direkt vom Regierungsstillstand in den USA betroffen. Das begünstigte möglicherweise den Tod einiger Zivilisten und wirtschaftliche Schäden in Millionenhöhe.

Konkret sind damit die Lieferungen von zwei MIM-104 Patriot-Feuereinheiten aus Beständen der Bundeswehr gemeint, deren Lieferung am 1. August öffentlich zugesagt wurde.

Zwar bestätigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 2. November, also etwa drei Monate später, dass die Lieferungen inzwischen abgeschlossen seien, allerdings gab Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius nach dem Group of Five-Meeting am 14. November bekannt, dass man die Lieferung auch hätte schneller durchführen können, wenn es nicht zu einem „Shutdown“ gekommen wäre.

Ukrainische Soldaten bei der Ausbildung am Patriot-Luftverteidigungssystem
Ukrainische Soldaten stehen während ihrer Ausbildung in Deutschland vor Patriot-Komponenten | Bild: Bundeswehr/Johannes Heyn

Pistorius zufolge habe die Zustimmung für die Lieferungen an die Ukraine gefehlt. Diese ist notwendig, da es sich beim „Patriot“ um ein in den USA produziertes Luftverteidigungssystem handelt.

Meinen Recherchen zufolge wurde ein Großteil der DDTC-Mitarbeiter (Directorate of Defense Trade Controls), welche für solche Lieferungen zuständig sind, beurlaubt, wodurch es wohl zu einer ganzen Reihe von Verzögerungen gekommen sein müsste.

Unklar ist, wie lange sich die Lieferungen an die Ukraine aufgrund der fehlenden Ausfuhrgenehmigung tatsächlich verzögert haben und welche Auswirkungen dies letztendlich in der Ukraine hatte.

Fest steht lediglich, dass beide Feuereinheiten irgendwann im Oktober ausgeliefert wurden. In jenem Monat kam es beispielsweise am 10. Oktober und 22. Oktober zu zwei russischen Großangriffen mit insgesamt fast 900 Loitering Munitions und 60 Raketen und Marschflugkörpern auf die Ukraine.

Dabei starben mehr als ein halbes Dutzend Zivilisten, während etwa 70 weitere teilweise schwer verletzt wurden. Auch führten die gezielt gegen zivile Infrastruktur gerichteten Angriffe zu landesweiten Stromausfällen, von denen Hunderttausende Ukrainer direkt oder indirekt betroffen waren.

An beiden Tagen setzte die russische Armee auch ballistische Raketen gegen die Ukraine ein, was das mögliche Fehlen eines oder mehrerer Patriot-Systeme aufgrund von Lieferverzögerungen noch gravierender wirken lässt, da es für das Abfangen solcher Ziele in der Ukraine am besten geeignet ist und die ukrainischen Luftstreitkräfte im Schnitt gerade einmal etwa 35 % der ballistischen Raketen abfangen konnten, bevor sie ihr Ziel erreichten.

Die Folgen eines russischen Angriffs auf Kyjiw am 10. Oktober | Bild: Staatlicher Notfalldienst der Ukraine

Doch am Ende muss ich auch darauf aufmerksam machen, dass natürlich einiges in diesem Artikel rein spekulativ ist.

Wir wissen nicht genau, wie lange sich die Lieferungen verzögert haben, und auch nicht mit absoluter Sicherheit, wann beide Feuereinheiten in der Ukraine eingetroffen und anschließend in Dienst gestellt wurden. Daher lässt sich auch nicht eindeutig beurteilen, welche Auswirkungen die Verzögerungen hatten.

Klar ist nur, dass es eben nachweisbar zu Verzögerungen aufgrund des „Shutdowns“ kam, was mit Blick auf die größte Sicherheitsherausforderung auf dem europäischen Kontinent seit dem Zweiten Weltkrieg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht ohne Folgen blieb.

Daher bleibt festzuhalten, dass der Regierungsstillstand in den USA für Europa ein erneuter Weckruf sein muss, Abhängigkeiten zu reduzieren und kritische Kapazitäten stärker selbst zu entwickeln und vorzuhalten.


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