Die Ukraine Defence Contact Group (UDCG) ist am 11. April 2025 im NATO-Hauptquartier in Brüssel erstmals unter britisch-deutscher Leitung zusammengekommen, um über die aktuelle Lage und die zukünftige Unterstützung der Ukraine zu beraten.
Wie immer blickten Augen aus aller Welt hoffnungsvoll auf das Treffen der UDCG, da Treffen dieses Formats in der Regel gerne dafür genutzt werden, neue militärische Hilfspakete öffentlich anzukündigen.
Nachdem die Bundesregierung seit Mitte März mit der Freigabe von mehr als 11 Milliarden Euro durch den Haushaltsausschuss des Bundestags bis 2029 zusätzliche Mittel für die militärische Unterstützung der Ukraine zur Verfügung hat, richteten sich viele Blicke auf Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Wie zu erwarten war, wurden die Hoffnungen vieler Beobachter nicht enttäuscht. Noch am Morgen gab das deutsche Verteidigungsministerium den Inhalt eines neuen militärischen Hilfspakets bekannt, dessen Wert ich auf mehr als eine Milliarde Euro schätzen würde.
Laut Auskunft des deutschen Verteidigungsministeriums enthält das Paket folgende Waffensysteme und Munition, welche noch in diesem Jahr an die Ukraine geliefert werden sollen.
- 4 IRIS-T Luftverteidigungssysteme inklusive 300 Lenkflugkörper
- 300 Aufklärungsdrohnen
- 120 MANPADS
- 25 Schützenpanzer Marder
- 15 Kampfpanzer Leopard 1A5
- 14 Artilleriesysteme inklusive rund 100.000 Schuss Artilleriemunition
- 100 Bodenüberwachungsradare
- 30 MIM-104 Patriot Lenkflugkörper
Ebenfalls wurde bekannt gegeben, dass man auch mittel- und langfristig plane und daher aktuell Vereinbarungen treffe, welche die Lieferung weiterer IRIS-T Systeme in den Folgejahren nach sich ziehen würde. Auch könne man schon heute die Lieferung von 1.100 Bodenüberwachungsradaren in Aussicht stellen.
Wie immer möchte ich mir die angekündigte Unterstützung für euch detaillierter anschauen.
Luftverteidigung
Das kaum ein anderes Land auf der Welt im Bereich der Luftverteidigung mehr leistet als Deutschland, kann man auch wieder an diesem Paket erkennen.
Dringend benötigte IRIS-T Systeme
So sollen noch in diesem Jahr vier zusätzliche »IRIS-T Luftverteidigungssysteme« an die Ukraine geliefert werden, welche durch ein umfangreiches Munitionspaket von 300 Lenkflugkörpern komplettiert werden.

Bezüglich der »Systeme« eine kleine Erklärung im Voraus: Für den weiteren Verlauf des Artikels verwende ich den fachlichen Ausdruck »Feuereinheit«.
Laut Verteidigungsministerium geht es hierbei um Luftverteidigungssysteme unterschiedlicher Reichweite, wodurch bestätigt wird, dass es sich hier keinesfalls um vier vollständige Feuereinheiten handelt, sondern um maximal drei IRIS-T SLM Feuereinheiten mittlerer Reichweite und mindestens zwei zusätzlichen IRIS-T SLS Startgeräten kurzer Reichweite.
Schließlich ist bekannt, dass die Bundesregierung zwei IRIS-T SLS Startgeräte als ein IRIS-T SLS System vermarktet, auch wenn es gar kein System ist.
Ohne die zusätzlichen Komponenten einer IRIS-T SLM Feuereinheit wie dem Luftüberwachungsradar TRML-4D oder dem Tactical Operations Center (TOC) können die Startgeräte nicht operieren, weswegen in der Ukraine auch zwei IRIS-T SLS Startgeräte in jede von Deutschland gelieferte IRIS-T SLM Feuereinheiten integriert werden.
Somit ist es wahrscheinlich, dass am Ende von vier versprochenen Luftverteidigungssystemen tatsächlich nur zwei vollständige IRIS-T SLM Feuereinheiten bereitgestellt werden, in denen vier zusätzliche IRIS-T SLS Startgeräte integriert werden.
Sozusagen eine kleine Mogelpackung, was die Lieferung an sich aber keinesfalls weniger wichtig macht. Ich kritisiere hiermit nur die öffentliche Vermarktung als vier vollständige Feuereinheiten.
Wenn wir also von zwei zusätzlichen IRIS-T SLM Feuereinheiten und vier zusätzlichen IRIS-T SLS Startgeräten ausgehen, welche noch in diesem Jahr geliefert werden sollen, steht in diesem Jahr nach aktuellem Stand insgesamt die Lieferung von fünf IRIS-T SLM Feuereinheiten und zehn IRIS-T SLS Startgeräten an, von denen immerhin bereits zwei IRIS-T SLS Startgeräte im Februar 2025 geliefert wurden.
Die wahrscheinlich erneute Ankündigung von MANPADS
Zusätzlich dazu sollen 120 MANPADS geliefert werden, von denen Deutschland bereits zu Beginn der vollständigen russischen Invasion der Ukraine bis zu 3.200 ausgeliefert hat.
Auch wenn das deutsche Verteidigungsministerium keinerlei Informationen über den genauen Typ bereitstellt, bin ich mir sehr sicher, dass es sich hierbei um moderne FIM-92 Stinger MANPADS handelt, von denen bereits im Jahr 2022 insgesamt 500 Stück aus Bundeswehrbeständen gespendet wurden.

Tatsächlich sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius bereits bei einem Treffen der UDCG im September 2024 die Lieferung von FIM-92 Stinger MANPADS zu, auch wenn dies in der Berichterstattung mit mir als Ausnahme weitestgehend untergegangen zu sein scheint.
Auf der Liste der Bundesregierung, welche die bereits geleistete und zugesagte militärische Unterstützung der Ukraine dokumentiert, ist die im September 2024 getätigte Zusage ebenfalls nicht zu finden.
Auch wenn er damals keine weiteren Details nannte, sollte nun klar sein, dass Deutschland noch in diesem Jahr 120 FIM-92 Stinger MANPADS an die Ukraine liefern wird.
Ein kleines Munitionspaket für MIM-104 Patriot
Abschließen tun wir den Bereich der kürzlich neu zugesagten Luftverteidigung mit einem kleinen Munitionspaket für die fünf oder sechs sich aktuell in der Ukraine im Einsatz befindenden MIM-104 Patriot Feuereinheiten, von denen Deutschland insgesamt drei bereitgestellt hat.
Insgesamt gehe es laut Verteidigungsminister Boris Pistorius um 30 Lenkflugkörper aus Beständen der Bundeswehr, deren Lieferung möglicherweise bereits durchgeführt wurde. Leider war Pistorius in seinem Pressestatement diesbezüglich unklar.
In jedem Fall dürfte die Lieferung aber spätestens in wenigen Tagen durchgeführt werden, da in der Ukraine ein gravierender Munitionsmangel herrscht und man die Lenkflugkörper glücklicherweise nicht erst bestellen und produzieren lassen muss.
Insgesamt hat Deutschland mit der neuen Zusage 358 Lenkflugkörper aus Bundeswehrbeständen geliefert, was einen erheblichen Teil der vor 2023 zur Verfügung stehenden Gesamtreserven ausmacht.
Gepanzerte Fahrzeuge
Verlassen wir nun die Luftverteidigung und wenden uns kurz den wenigen gepanzerten Gefechtsfahrzeugen zu, welche am vergangenen Freitag zugesagt wurden.
Laut Pressemeldung des deutschen Verteidigungsministeriums geht es um 25 Schützenpanzer Marder und 15 Kampfpanzer Leopard 1A5, welche in den nächsten Wochen und Monaten an die Ukraine geliefert werden sollen.

Bedauerlicherweise sind zusätzlich zur Anzahl keinerlei Informationen bekannt. So wissen wir aktuell nicht, ob es sich beispielsweise bei den versprochenen Schützenpanzern um Abgaben aus Bundeswehrbeständen handelt, was eine Lieferung in den nächsten Wochen wahrscheinlich machen würde, oder ob Rheinmetall einen neuen Auftrag erhält, was eine Lieferung erst ab nächstem Quartal möglich machen würde.
Eines ist aber glasklar. Wirkliche Reserven sind kaum noch vorhanden und mit diesen Stückzahlen kann man nur einen Teil der Verluste der ukrainischen Armee ausgleichen.
Von einem tatsächlichen Aufwuchs ukrainischer Fähigkeiten, der sehr erstrebenswert wäre, kann man hier keinesfalls sprechen. Die einzige Möglichkeit einen tatsächlichen Fähigkeitsaufwuchs zu erreichen, ist das Abschließen langfristiger Verträge, beispielsweise zur Lieferung von neu produzierten Schützenpanzern Lynx oder CV 90.
Artillerie
Ein weiterer Hauptbereich der Unterstützung der Ukraine mit militärischem Material durch Deutschland ist die Artillerie. Deutschland ist weltweit einer der Hauptmunitionslieferanten für die Ukraine und hat im vergangenen Jahr beispielsweise mehr als 300.000 Schuss 155mm Artilleriemunition finanziert und geliefert.
Zudem stellt kaum ein anderes Land der Ukraine langfristig neue Artilleriesysteme zur Verfügung wie Deutschland. So war bereits 2024 klar, dass Deutschland auch noch 2028, möglicherweise sogar 2029 moderne Radhaubitzen vom Typ RCH 155 liefern wird.
Daher dürfte es niemanden überraschen, dass auch in dem am Freitag vorgestellten Paket zusätzliche Artillerie enthalten ist.
So sollen noch in diesem Jahr 14 zusätzliche Artilleriesysteme mit weiteren rund 100.000 Schuss Artilleriemunition geliefert werden. Glücklicherweise haben wir hier mehr Hintergrundinformationen als es bei den gepanzerten Gefechtsfahrzeugen der Fall war.
So berichtete der SPIEGEL im Januar 2025 über eine Liste militärischer Ausrüstung im Wert von etwa drei Milliarden Euro, welche Deutschland in diesem Jahr zusätzlich für die Ukraine finanzieren möchte. Diese Liste wird mit den im März für dieses Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellten Mitteln finanziert.
Laut SPIEGEL befanden sich zehn Radhaubitzen auf der Liste. Informationen zufolge welche ich aus Kreisen der Verteidigungsindustrie erhalten habe scheint es sich hierbei um von KNDS produzierte RCH 155 zu handeln.

Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich bereits in einem über 400 Wörter langen Abschnitt dieses Artikels detailliert erklärt hatte, warum es sich bei den Artilleriesystemen eigentlich nur um in der Ukraine produzierte 2S22 Bohdana handeln kann, bis ich dann kurz vor der Veröffentlichung dieses Artikels weitere Informationen erhalten habe, die meine sehr detaillierte Ausführung nichtig gemacht haben. Ärgerlich, aber so läuft es wohl manchmal im Journalismus.
Zurück zu der am Freitag getätigten Ankündigung. Tatsächlich deckt sich die Information das zusätzliche RCH 155 produziert und geliefert werden sowohl mit der Tatsache das im SPIEGEL-Artikel von Radhaubitzen die Rede war, als auch mit einer vor ein paar Wochen getätigten Aussage von Verteidigungsminister Boris Pistorius, wonach mit den im März bewilligten Mitteln zusätzliche PzH 2000 oder RCH 155 finanziert werden könnten.
Insgesamt sollte Deutschland also in diesem Jahr 20 RCH 155 an die ukrainische Armee liefern, da vor der kürzlich getätigten Zusage bereits sechs dieser Artilleriesysteme zur Lieferung in diesem Jahr vorgesehen waren. Diese hatte man bereits 2022 in Auftrag gegeben.
Dies wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vollständig möglich sein. So höre ich aus Industriekreisen, dass man aktuell davon ausgeht nur 14 Systeme gesichert liefern zu können.
Damit würde man also nur 8 der 14 zusätzlich angekündigten RCH 155 Artilleriesysteme in diesem Jahr liefern, weswegen die restlichen Systeme aus dem am Freitag vorgestellten Paket zu einem späteren Zeitpunkt ausgeliefert werden müssen.
Immerhin müsste die Lieferung der ersten RCH 155 sogar bereits in diesem Monat erfolgen, falls sie nicht schon längst durchgeführt wurde. Schließlich gab KNDS Deutschland CEO Ralf Ketzel in einem Interview mit hartpunkt vor fünf Monaten bekannt, dass die erste Lieferung im April 2025 durchgeführt wird.
Schauen wir uns am Ende noch kurz die angekündigte Munition an. Laut Verteidigungsministerium sollen insgesamt rund 100.000 Schuss Artilleriemunition geliefert werden.
Zwar wird das genaue Kaliber nicht bekannt gegeben (122mm, 155mm etc.), allerdings dürfte es sich hier aller Wahrscheinlichkeit nach um 155mm Geschosse handeln, wenn wir davon ausgehen, dass die Munition passend zu den finanzierten Haubitzen geliefert werden soll.
Der Umfang der neuen Zusage ist wahrscheinlich sogar etwas untertrieben. So spricht das Verteidigungsministerium zwar von rund 100.000 Schuss, allerdings könnte es sich dabei tatsächlich um bis zu 130.000 Schuss handeln.
So ist die Pressemeldung mit dem Hinweis versehen, dass sich damit der Gesamtumfang der Lieferungen in diesem Jahr auf fast 500.000 Schuss erhöht. Ein Umstand, der bereits am 3. April 2025 durch das Verteidigungsministerium öffentlich gemacht wurde.
Allerdings hieß es noch im Februar 2025 bei „Nachgefragt“, einem Video-Format, welches das Verteidigungsministerium bei YouTube veröffentlicht, dass man in diesem Jahr 370.000 Schuss gesichert liefern wird. Die tatsächliche Differenz dazu beträgt also nicht rund 100.000 Schuss, sondern bis zu 130.000 Schuss.
Sonstiges
Abschließend wenden wir uns noch der restlichen Ausrüstung zu, welche am Freitag öffentlich zugesagt wurde. So sollen noch in diesem Jahr 300 zusätzliche Aufklärungsdrohnen und 100 Bodenüberwachungsradare geliefert werden.
Zu den Radareinheiten kann ich leider nichts sagen, allerdings halte ich es für wahrscheinlich, dass es bei den Aufklärungsdrohnen um Vector eVTOL UAVs des deutschen Herstellers Quantum Systems handelt.

549 dieser Drohnensysteme hat Deutschland bereits an die Ukraine ausgeliefert, während weitere 21 kurzfristig folgen sollen. Danach wäre nach aktuellem Stand zunächst Schluss, obwohl das ukrainische Verteidigungsministerium bereits vor etwa einem Jahr um die Bereitstellung von mehr als 800 zusätzlichen Vector-Drohnen im Jahr 2025 gebeten hat.
Aufgrund der knappen Haushaltslage in den vergangenen Monaten kam es bislang aber zu keinen weiteren Ankündigungen.
Dabei wäre ein zusätzlicher, umfangreicher Auftrag in meinen Augen absolut notwendig. Quantum Systems ist, was die Unterstützung der Ukraine betrifft, ein deutsches Vorzeigeunternehmen.
So werden bereits seit vergangenem Jahr in der Ukraine nicht nur Drohnenpiloten geschult und beschädigte Drohnensysteme repariert, sondern auch neue Drohnen hergestellt. Dafür waren Investitionen in Millionenhöhe vonnöten.
Daher gehe ich stark davon aus, dass mit den Aufklärungsdrohnen die von Quantum Systems hergestellten Vector eVTOL UAVs gemeint sind. Sollten die Lieferungen tatsächlich auslaufen und keine zusätzlichen finanziert werden, würde dies in meinen Augen ein Armutszeugnis darstellen.
Damit sind wir auch schon am Ende des Pakets und meines Artikels angekommen. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass zwar bei der Ankündigung etwas gemogelt wurde, die Relevanz der aufgeführten Waffensysteme und Munition dadurch aber keinesfalls abnimmt.
Besonders die zusätzlichen Luftverteidigungssysteme inklusive der Munition und die Artilleriemunition werden sowohl beim Schutz ukrainischer Städte als auch an der Front einen spürbaren Unterschied machen.
Auch möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass mit dem am Freitag angekündigten Paket maximal die Hälfte der seit März zusätzlich für 2025 zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft wurden, weswegen wir in den kommenden Monaten sicherlich noch das ein oder andere Paket erwarten dürfen.
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