Am Mittwoch, dem 28. Mai, besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammen mit einer ukrainischen Delegation erstmals Deutschland unter der Leitung von Neukanzler Friedrich Merz.
Über den Tag verteilt machten sowohl Bundeskanzler Merz und das deutsche Verteidigungsministerium, als auch das ukrainische Verteidigungsministerium verschiedenste Ankündigungen neuer militärischer Zusagen.
Insgesamt geht es nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums um etwa fünf Milliarden Euro an neu zugesagter militärischer Hilfe für die nächsten Jahre, deren Finanzmittel allerdings bereits im März durch den Bundestag freigegeben wurden, als Scholz noch Bundeskanzler war.
Streng genommen hat sich also am Umfang der militärischen Hilfe nichts geändert, weil Geldmittel nur in spezifische Zusagen umgemünzt wurden.
Auch wenn mit der Kommunikation über dieses Paket auf deutscher Seite die neue Linie von Bundeskanzler Merz erkennbar war und wesentlich weniger Details veröffentlicht wurden, haben wir dank diverser Lecks gegenüber den Medien und der Bekanntgabe zusätzlicher Details durch die ukrainische Regierung inzwischen einen guten Überblick über einen Großteil der Inhalte des Pakets.
Die genauen, teilweise inoffiziellen Details schauen wir uns gleich an. Lasst uns zunächst einen Blick auf die Zusagen werfen, welche offiziell angekündigt wurden.
- Hunderte Millionen Euro für die ukrainische Produktion einer beträchtlichen Anzahl von weitreichenden Waffensystemen
- Munitionspakete für verschiedene Waffensysteme
- Landwaffensysteme
- Schusswaffen
- Vier IRIS-T SLM Feuereinheiten inklusive Lenkflugkörper im Wert von 2,2 Milliarden Euro
- Finanzierung von Instandsetzungseinrichtungen in der Ukraine
- Finanzierung eines beträchtlichen Teils des Starlink-Netzes in der Ukraine
- Finanzierung des ukrainischen Systems zur militärischen Führungskommunikation
- Finanzierung medizinischer Ausrüstung aus ukrainischer Produktion
Deutschland beteiligt sich am „dänischen Modell“
Im vergangenen Jahr haben Dänemark und die Ukraine einen neuen Mechanismus zur Finanzierung von Waffensystemen, Munition und mehr für die ukrainische Armee vorgestellt. Bekannt ist er unter dem Namen „Danish Model“ oder zu Deutsch „dänisches Modell“.
Der Clou ist, dass die Unterstützer der Ukraine nicht die eigene Rüstungsindustrie, sondern die ukrainische Rüstungsindustrie direkt finanzieren. Der Vorteil dabei ist, dass Ausrüstung meist günstiger beschafft und gleichzeitig schneller an die ukrainische Armee ausgeliefert werden kann.

Obwohl die ukrainische Regierung ihre Partner regelmäßig aufgerufen hat, sich am dänischen Modell zu beteiligen und diverse Länder wie Island, Kanada, Norwegen und Schweden eigene Mittel zugesagt und beigesteuert haben, machte die Bundesregierung bislang keine öffentlichen Zusagen, sich mit eigenen Mitteln an der Finanzierung ukrainischer Rüstungsgüter zu beteiligen.
Allerdings wurde bereits im Oktober 2024 bekannt gegeben, dass dies in Zukunft geplant ist, womit der nun erfolgte Schritt mindestens in Teilen bereits vorbereitet war, als Bundeskanzler Merz das Ruder Anfang Mai übernommen hat.
Noch am Mittwoch unterzeichneten die Verteidigungsminister beider Länder eine Absichtserklärung, welche die Finanzierung einer beträchtlichen Anzahl von weitreichenden Waffensystemen aus ukrainischer Produktion vorsieht.
Mit diesem Schritt möchte Bundeskanzler Merz sicherlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Einerseits wird die ukrainische Armee dank des deutschen Beitrags mit einer Vielzahl an zusätzlichen Waffensystemen ausgestattet, welche sie sehr regelmäßig bei Angriffen auf die russische Rüstungsindustrie und andere Hochwertziele auf russischem Staatsgebiet einsetzt.
Andererseits erhofft sich Bundeskanzler Merz sicherlich auch, dass er mit diesem Schritt einen Teil seiner Kritiker verstummen lassen kann, welche bislang aufgrund der fehlenden Zusage bezüglich einer Lieferung des lang erträumten Marschflugkörpers Taurus KEPD-350 an die Ukraine keinen Hehl daraus gemacht haben, dass er seinen eigenen Worten bislang keine Taten hat folgen lassen.
Zwar hielt sich Bundeskanzler Merz bei der Ankündigung mit Details stark zurück, allerdings geben uns die Verteidigungsministerien beider Länder und eine WELT-Recherche einen detaillierten Einblick in das Vorhaben.
Offiziellen Angaben zufolge geht es um eine Investition in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro, die bereits in den nächsten Wochen erste Früchte tragen wird. Insgesamt soll noch in den nächsten sechs Monaten eine „erhebliche Stückzahl“ von weitreichenden Waffen produziert werden.
Einer WELT-Recherche zufolge investiert die Bundesregierung etwa 400 Millionen Euro in drei verschiedene Waffensysteme.
- AN-196 Liutyi
- Bars
- VB140 Flamingo
Bei der AN-196 Liutyi handelt es sich um eine etwa 200.000 US-Dollar teure long-range OWA-UAV, oder einfacher ausgedrückt um eine Drohne mit enormer Reichweite, welche einmalig für den Angriff auf ein bestimmtes Ziel eingesetzt werden kann.
Dies ist auch im beigefügten Video gut zu sehen.
Eingesetzt werden die Drohnen mit einer Reichweite von über 1.000 Kilometer unter anderem bei dem 14th Regiment of Unmanned Drones der Unmanned Systems Forces.
Bei der Bars handelt es sich um ein neu entwickeltes Waffensystem mit einer Reichweite von bis zu 800 Kilometer, über das bislang kaum Details öffentlich verfügbar sind, sodass ich auch hier nicht viel mehr darüber berichten kann.
Laut dem Sicherheitsexperten Fabian Hoffmann teilt sich die Bars die wichtigsten Spezifikationen mit dem Mini-Marschflugkörper Pekklo, sodass die Bars auch eher in Richtung Mini-Marschflugkörper geht als in Richtung Drohne.
Auch wenn die Bundesregierung dank der Finanzierung dieser beiden Waffensysteme einen enormen Schritt in die richtige Richtung macht und sich Unterstützer der Ukraine zurecht darüber freuen dürfen, sollte man nicht vergessen, dass dies trotzdem keinen Ersatz für die Lieferung von Taurus KEPD-350 darstellt.
Laut Fabian Hoffmann decken ukrainische Drohnen und Marschflugkörper inzwischen bis zu 90 % sämtlicher Ziele ab. Allerdings sei die Ukraine aufgrund der fehlenden 10 % trotzdem auf eine Lieferung von insbesondere Taurus KEPD-350, aber auch Storm Shadow und SCALP-EG angewiesen.
Wieder in eine andere Richtung geht die VB140 Flamingo. Bei dieser handelt es sich um eine sogenannte Abfangdrohne, welche dafür da ist, unter anderem russische Aufklärungsdrohnen in der Luft abzufangen.
Der Einsatz solcher schnell und günstig zu produzierenden Drohnen ist wesentlich kosteneffektiver als der Einsatz von Lenkflugkörpern und wird an der Front immer mehr zum Normalfall. Insbesondere die Ukraine investiert in letzter Zeit massiv in diesen Bereich, wie eine im März 2025 veröffentlichte Recherche des Kollektivs Tochnyi zeigt.
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Vorhaben wird die Bundesregierung auch eine unbekannte, aber sicherlich nicht allzu hohe Summe in medizinische Ausrüstung aus ukrainischer Produktion investieren.
Es ist ein Bereich, der leider leicht in Vergessenheit gerät, obwohl beide Länder bei der medizinischen Versorgung tatsächlich seit vielen Jahren relativ eng kooperieren und der Sanitätsdienst der Bundeswehr die ukrainische Armee nicht nur mit Abgaben aus eigenen Beständen umfangreich unterstützt hat, sondern auch eine zentrale Rolle bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland spielt.
Ebenfalls beteiligt sich der Sanitätsdienst der Bundeswehr an der medizinischen Versorgung ukrainischer Soldaten und Zivilisten, welche mit Kriegsverletzungen in Deutschland behandelt werden.
Die Tatsache, dass die Bundesregierung künftig medizinische Ausrüstung aus ukrainischer Produktion für die ukrainische Armee finanziert, dürfte also nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Deutschland für Jubel gesorgt haben.
Landwaffensysteme, Munitionspakete und Schusswaffen
Zugesagt wurden auch neue Landwaffensysteme, Munitionspakete für verschiedene bereits gelieferte Waffensysteme und Schusswaffen. Schauen wir uns das mal der Reihe nach an.
Landwaffensysteme
Der Begriff „Landwaffensysteme“ ist natürlich sehr oberflächlich und kann vieles bedeuten. Darunter Kampfpanzer, Schützenpanzer, gepanzerte Truppentransporter und mehr. Leider haben sich dazu weder die Verteidigungsministerien beider Länder, noch die Medien klarer ausgedrückt.
Allerdings möchte ich diesbezüglich darauf hinweisen, dass in diesem Jahr die unter Altkanzler Scholz finanzierten Lieferungen von Schützenpanzern Marder 1A3 und Kampfpanzer Leopard 1A5 auslaufen dürften.

Beispielsweise sind aktuell noch 25 Marder 1A3 an die Ukraine zugesagt, von denen laut Rheinmetall mindestens 20 Stück bis Ende Juni 2025 an die Ukraine ausgeliefert werden. Danach wäre erstmals seit mehr als 2,5 Jahren Schluss mit Ankündigungen und Lieferungen.
Daher würde ich stark davon ausgehen, dass es hier um zusätzliche Lieferungen genau der Landwaffensysteme geht, deren Lieferungen demnächst abgeschlossen sein dürften.
Allerdings dürfte es sich hierbei kaum um enorm umfangreiche Aufträge handeln, wenn man sich den Umfang des Gesamtpakets anschaut.
Etwa 5 Milliarden Euro soll das Paket insgesamt schwer sein. Etwa 2,6 Milliarden Euro werden bereits in einen Vertrag mit Diehl Defence zur Lieferung von Luftverteidigungssystemen und Munition, sowie in die Finanzierung der ukrainischen Rüstungsindustrie gesteckt.
Es bleiben also nur noch rund 2,4 Milliarden Euro für verschiedene Landwaffensysteme, diverse Munitionspakete, Schusswaffen, die Finanzierung von Instandsetzungseinrichtungen in der Ukraine, die Finanzierung eines Teils des Starlinknetzwerks in der Ukraine und mehr.
Nur als Einordnung: Im Jahr 2024 bezahlten die Niederlande stolze 400 Millionen Euro für die Produktion mehrerer Dutzend Schützenpanzer CV90 mit anschließender Lieferung an die Ukraine. Ich bezweifle daher sehr, dass hier mehrere sehr umfangreiche Verträge abgeschlossen wurden, welche die Lieferung von hochmoderner Ausrüstung vorsehen.
Munitionspakete
Beim Thema Munitionspakete dürfte es sich ebenfalls um die üblichen Verdächtigen handeln. Ich denke insbesondere an Munition für die Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 und Leopard 2 sowie für die Schützenpanzer Marder 1A3. Solche Munitionspakete werden bereits regelmäßig alle paar Monate an die ukrainische Armee ausgeliefert.
Zusätzlich dazu habe ich drei starke Vermutungen. Ich gehe davon aus, dass zusätzliche PAC-2 MIM-104 Patriot Lenkflugkörper und GMLRS-Raketen für den Mehrfachraketenwerfer M142 HIMARS und dessen verschiedene Varianten ebenfalls Teil des Pakets waren.
Bereits kurz nach dem Amtsantritt von Bundeskanzler Merz berichtete die New York Times mit Verweis auf eine Quelle aus dem US-Kongress, dass die USA die Lieferung von 125 „Langstrecken-Artillerieraketen“ und 100 Patriot-Lenkflugkörpern aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine genehmigt haben.
Inzwischen wurde die Lieferung von einem Diplomaten auch gegenüber der Washington Post bestätigt. Tatsächlich aber ist niemand Geringeres als der ukrainische Präsident daran schuld, dass ich inzwischen sicher bin, dass beides Teil des Pakets war und eine Lieferung an die Ukraine bevorsteht oder bereits durchgeführt wurde.
Dieser bedankte sich kürzlich in einer Abendansprache bei Bundeskanzler Merz für das kürzlich verkündete militärische Hilfspaket und die damit verbundenen Entscheidungen und erwähnte dabei auch Lenkflugflugkörper für das Luftverteidigungssystem MIM-104 Patriot.
Tatsächlich waren diese aber nicht offiziell Teil des Pakets und generell wurden unter der Leitung von Bundeskanzler Merz noch keine Patriot-Lenkflugkörper öffentlich an die Ukraine zugesagt. Zuletzt passierte dies im April, als Verteidigungsminister Boris Pistorius in Brüssel 30 Lenkflugkörper aus Beständen der Bundeswehr zusagte, deren Lieferung inzwischen abgeschlossen sein dürfte.
Zusammengenommen halte ich es also inzwischen für sehr wahrscheinlich, dass hier tatsächlich 100 Patriot-Lenkflugkörper ein Bestandteil des militärischen Hilfspakets waren. Dies würde natürlich auch bedeuten, dass die GMLRS-Raketen ebenfalls ein Bestandteil sind.
Interessanterweise sprach die New York Times von 125 „Langstrecken-Artillerieraketen“, was zumindest in der Theorie unlogisch ist. Verfügbar sind diese Artillerieraketen nämlich meistens nur in sogenannten „Raketenstartbehältern“, während jeder Raketenstartbehälter sechs Raketen beinhaltet.

Wenn also die Lieferung von 125 Raketen genehmigt wurde, müsste entweder in einem Raketenstartbehälter eine Rakete fehlen, was sehr ungewöhnlich wäre, die Zeitung falsch liegen und Deutschland liefert tatsächlich 120 oder 126 Raketen (20 oder 21 Raketenstartbehälter), oder die Bundeswehr verzichtet auf einen enormen Teil der eigenen Reserven und liefert tatsächlich 125 Raketenstartbehälter, was eine Lieferung von 750 GMLRS-Raketen bedeuten würde.
Nach meinem Kenntnisstand wäre dies eine Rekordlieferung.
Schlussendlich gehe ich auch davon aus, dass weitere Artilleriemunition ein Bestandteil des angekündigten Pakets ist. Das deutsche Verteidigungsministerium spricht bei den Munitionspaketen von Lieferungen, welche zusätzlich zur für 2025 bereits versprochenen Lieferung von Artilleriemunition zugesagt wurden.
Da Deutschland nicht nur Artilleriemunition, sondern auch Munition für Schützenpanzer, Kampfpanzer, Flakpanzer, Schusswaffen, Granatwerfer und mehr an die Ukraine liefert, ergibt das hervorheben der Artilleriemunition für mich nur Sinn, wenn auch im neuen Paket zusätzliche Artilleriemunition enthalten ist.
Schusswaffen
Wie auch schon bei den Landwaffensystemen und den Munitionspaketen wurden auch bei den Schusswaffen keine Details bekannt gegeben, sodass wir also nur raten könnten.
Auch wenn die Bundesregierung öffentlich nicht groß darauf hinweist, finanziert man tatsächlich sehr umfangreiche Lieferungen von Schusswaffen, welche größtenteils bei ukrainischen Spezialkräften, aber auch bei den Luftlandetruppen eingesetzt werden.
In den vergangenen Wochen und Monaten sind wir aber einem Stopp sämtlicher Lieferungen immer näher gekommen.
Die unter Altkanzler Scholz geschlossenen Verträge zur Lieferung von HK 416 & MK 556 Sturmgewehren, MG4 & MG5 Maschinengewehren und mehr sind inzwischen alle vollständig erfüllt. Tatsächlich wurden im Fall der MK 556 Sturmgewehre inzwischen sogar mehr als die ursprünglich geplanten 5.000 Stück ausgeliefert.
Öffentlich zugesagt waren bislang nur noch 16 HLR 338 Präzisionsgewehre und 39 CR 308 Gewehre. Alle anderen ursprünglich versprochenen Gewehre und Pistolen, insgesamt rund 20.000 Stück, wurden vollständig geliefert.
Es war also dringend notwendig, dass man hier mit neuen Verträgen nachgebessert hat. Was und wie viel am Ende neu geliefert wird, werden wir mit der Zeit möglicherweise sagen können. Auch wenn man es nicht vermuten würde, sind Soldaten ukrainischer Spezialeinheiten, die einen großen Teil der von Deutschland finanzierten Waffen erhalten, nicht besonders diskret, wenn es um das zur Schau stellen der eigenen Ausrüstung geht.
Außergewöhnlich viel Luftverteidigung
Wie üblich wurde insbesondere auf den Bereich der Luftverteidigung viel Wert gelegt.
Auch wenn Bundeskanzler Merz sich zu dem Thema gar nicht geäußert und auch das deutsche Verteidigungsministerium nur öffentlich gemacht hat, dass ein Vertrag mit dem Rüstungsunternehmen Diehl (Defence) geschlossen wurde, kennen wir trotzdem eine Menge Details, weil das ukrainische Verteidigungsministerium und der ukrainische Präsident sich mehrfach detailliert zu dem Thema geäußert haben.
Ob dies insgeheim ein Protest gegen die neue Kommunikationsrichtlinie von Bundeskanzler Merz ist, oder ob man hier mehrfach ungewollt geheime Details verraten hat, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich finde es schon etwas auffällig.
Dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge wurde ein (von Deutschland finanzierter) Vertrag mit dem Rüstungsunternehmen Diehl Defence über die Lieferung von vier IRIS-T SLM Feuereinheiten inklusive Lenkflugkörpern im Wert von 2,2 Milliarden Euro geschlossen.

Damit steigt die Anzahl der bereits gelieferten und noch zugesagten IRIS-T SLM Feuereinheiten auf insgesamt 20!
Schlussendlich dürften damit auch die Lieferungen für ein weiteres Jahr gesichert sein, womit meiner Schätzung nach bis mindestens Ende 2027 ein konstanter Strom neuer und hochmoderner Luftverteidigungssysteme aus Deutschland sichergestellt wird.
Obwohl es nicht offiziell bekannt gegeben wurde, kann davon ausgegangen werden, dass zwei zusätzliche IRIS-T SLS Startgeräte in jede der vier Feuereinheiten integriert werden. Dies entspricht der Praxis bei allen früheren Lieferungen an die Ukraine.
Schlussendlich möchte ich noch auf einen in meinen Augen sehr besonderen Umstand hinweisen. Wie bereits erwähnt, hat das ukrainische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass der Vertrag auch die Lieferungen von Lenkflugkörpern beinhaltet und einen Gesamtwert von 2,2 Milliarden Euro hat.
Bei einem Preis von rund 140 Millionen Euro (Stand 2022) pro Feuereinheit und einem kleineren Betrag für insgesamt acht zusätzliche IRIS-T SLS Startgeräte komme ich Pi mal Daumen auf maximal 600 Millionen Euro. Auch wenn man etwas großzügiger ist und noch eine Preissteigerung bei den Feuereinheiten einberechnet, komme man nicht einmal ansatzweise auf die Hälfte des Gesamtumfangs des Vertrags.
Zum Vergleich: Die Bundeswehr hat für ihre sechs IRIS-T SLM Feuereinheiten inklusive 216 Lenkflugkörpern gerade einmal etwa 950 Millionen Euro bezahlt. Währenddessen bekommt die Ukraine zwei Feuereinheiten weniger und die Rechnung ist am Ende mehr als doppelt so hoch!
Ich kann daher nur einen Rückschluss ziehen. Mit diesem Vertrag werden einerseits zusätzliche Produktionskapazitäten aufgebaut und/oder Lieferungen von Lenkflugkörpern in vergleichsweise enorm hohen Stückzahlen sichergestellt. Ich spreche hier von Größenordnungen, die wir in Bezug auf Lieferungen an die Ukraine durch Deutschland noch nie gesehen haben.
Instandsetzungseinrichtungen in der Ukraine
Laut dem deutschen Verteidigungsministerium wird die Bundesregierung in Zukunft auch Instandsetzungseinrichtungen in der Ukraine finanzieren.
In Anbetracht dessen, dass diverse von Deutschland gelieferte Waffensysteme seit Anbeginn der Zeit von längeren Ausfallzeiten geplagt sind, welche teilweise darauf zurückzuführen sind, dass das Material zunächst aus der Ukraine heraustransportiert und nach der Reparatur wieder in die Ukraine transportiert werden muss, ist das ein riesengroßer Schritt in die richtige Richtung!
Informationen der WELT zufolge soll unter anderem KNDS einen Vertrag zur Instandsetzung in der Ukraine bekommen. Das Unternehmen ist auf deutscher Seite unter anderem für die von Deutschland gelieferten PzH 2000, Flakpanzer Gepard und ATF Dingo 2 verantwortlich.

Aber auch das deutsche Unternehmen Quantum Systems, welches im Auftrag der Bundesregierung bislang etwa 700 Vector-Drohnensysteme an die Ukraine geliefert hat, erhielt eine Finanzierung für ihr in der Ukraine ansässiges Werk und den Ausbau von Produktionskapazitäten.
Dies bestätigte ein Mitarbeiter von Quantum Systems mir gegenüber, ohne jedoch wegen der neuen Kommunikationsrichtlinie der Bundesregierung unter Friedrich Merz in Details gehen zu wollen.
Sicherlich wird es sich aber um die Verdoppelung der ukrainischen Produktionskapazitäten des Unternehmens handeln, das seine Pläne bereits vor drei Monaten angekündigt hat.
Deutschland verschreibt sich der Satellitenkommunikation
Zu guter Letzt schauen wir uns noch das an, was beim Besuch des ukrainischen Präsidenten zuallererst verkündet wurde.
Bundeskanzler Merz gab in einer mit Präsident Selenskyj gemeinsam geführten Pressekonferenz bekannt, dass Deutschland einen »beträchtlichen Teil« des Starlink-Netzes in der Ukraine finanzieren wird.
Starlink ist für die Ukraine sowohl auf dem Schlachtfeld für die eigene Armee als auch abseits des Schlachtfelds ein komplett unersetzliches Werkzeug, dessen Ausfall nur sehr schwer zu verkraften wäre.
Jakub Janovsky, Leiter des Oryx-Projekts, welcher seit über einem Jahrzehnt im Bereich der Telekommunikation arbeitet, erklärte im Gespräch mir gegenüber, dass seiner Einschätzung nach aktuell etwa 70.000 Starlink Terminals bei der ukrainischen Armee eingesetzt werden, von denen die meisten durch Polen und die USA bezahlt werden.

Sowohl die Finanzierung durch Polen als auch die Finanzierung durch die USA seien laut Janovsky aber auf absehbare Zeit gesichert. So wurde erst kürzlich bekannt gegeben, dass die US-Finanzierung beispielsweise noch bis einschließlich 2027 läuft.
Seiner professionellen Meinung nach könnte Deutschland demnach die Rechnung für mehrere Tausend Terminals übernehmen, welche nicht durch Polen und die USA abgedeckt sind und bislang von verschiedenen Quellen bezahlt wurden. Dies würde bisher unklare Finanzierungsverhältnisse absichern.
Auch könnte die Bundesregierung spezielle Dienstleistungen finanzieren, welche mit dem Satellitennetzwerk des US-Unternehmens SpaceX in Verbindung stehen. Diese könnten unter anderem technische Anpassungen beinhalten, welche durch russische Störmaßnahmen erforderlich werden.
Auch könnte man extra Geld dafür bezahlen, dass die Ukraine beim Kundendienst das höchste Prioritätslevel genießt. Zusätzlich könnte die Bundesregierung auch andere besondere Dienste im Zusammenhang mit dem Betrieb des Netzes in einem Kriegsgebiet finanzieren.
Welche Kosten auf Deutschland zukommen, wurde nicht öffentlich bekannt gegeben, allerdings lassen sich diese grob schätzen. Im März 2025 gab das polnische Digitalisierungsministerium bekannt, dass man zwischen 2022 und 2024 etwa 77 Millionen Euro für die Beschaffung und den Betrieb von 24.560 Starlink Terminals bezahlt habe. Weitere 18,3 Millionen Euro an Betriebsgebühren sind für 2025 vorgesehen.
Der Gesamtbetrag der deutschen Finanzierung dürfte sich also auf einen hohen einstelligen oder niedrigen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.
Mit der bald erfolgten Finanzierung baut die Bundesregierung ihre Ambitionen im Bereich der Satellitenkommunikation weiter aus. Zusätzlich zur neuen Starlink-Finanzierung wird bereits seit mehr als einem Jahr die Rechnung für das OneWeb-Satellitennetzwerk in der Ukraine übernommen, welches aus weniger als 1.000 Terminals besteht. Ergänzend werden auch 331 Terminals des Unternehmens Satcube bezahlt.
Laut Janovsky stellen sowohl OneWeb als auch Satcube keine wirkliche Alternative für Starlink dar. OneWeb fungiere aktuell eher als kleine Absicherung und benötigt noch mehrere Jahre, bis es eine ernst zu nehmende Alternative darstellt. Noch schlimmer sei es um Satcube bestellt.
Zusammenfassend lässt sich also Folgendes sagen. Auch wenn das Verlangen nach einer europäischen Alternative in Betracht der aktuellen Beziehungen zwischen den USA und Europa inklusive der Ukraine groß ist, so ist es aktuell nur ein Wunschtraum und die Finanzierung des von Elon Musk geführten Satellitennetzwerks damit alternativlos.
Ob es sich bei den nun finanzierten Terminals und den eventuell zusätzlich finanzierten Dienstleistungen um einen wie von Bundeskanzler Merz angekündigt „beträchtlichen Teil“ handelt, wenn sowohl die USA als auch Polen einen wesentlich größeren Anteil finanzieren, muss dann wohl jeder für sich entscheiden.
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